„Arduino? Das nutzt doch heute keiner mehr…“
Wer sich in den letzten Jahren mit Mikrocontrollern beschäftigt hat, stolpert überall über den ESP32. Dual-Core, WLAN, Bluetooth, 240 MHz, massig Speicher – und das alles für ein paar Euro. Kein Wunder also, dass der gute alte Arduino UNO im Schatten der neuen Mikrocontroller-Generation zu stehen scheint.
Die Kommentare in Foren und Social Media klingen dann auch oft so:
„Warum noch einen Arduino benutzen, wenn es doch den ESP32 gibt?“
Aber ist das wirklich so? Hat der Arduino tatsächlich ausgedient? Oder gibt es gute Gründe, auch heute noch auf den betagten Klassiker zu setzen?
Und vor allem:
Wenn ich gerade erst einsteige – sollte ich dann überhaupt noch mit einem Arduino anfangen, oder direkt auf einen ESP32 setzen?
Genau um diese Fragen geht es in diesem Beitrag. Und so viel sei schon mal verraten: Leistung ist nicht immer alles.
ESP32 – das moderne Powerpaket (aber nicht für alles nötig)
Wenn man sich heute in der Maker-Szene oder auf YouTube umschaut, könnte man fast glauben, es gäbe nur noch den ESP32. Und das ist auch gar nicht so abwegig: Der ESP32 bringt schon ab Werk eine ganze Menge beeindruckender Features mit, die früher nur mit viel zusätzlicher Hardware möglich waren.
🔥 Ein kurzer Blick auf die Highlights:
- Dual-Core mit bis zu 240 MHz
- WLAN und Bluetooth direkt integriert
- Bis zu 520 kB RAM und mehrere Megabyte Flash
- Viele GPIOs, PWM, ADC, DAC, I2C, SPI, CAN, Touch-Sensoren, …
- Bereits ab ca. 3 € (je nach Ausführung und Händler)







Und dann wäre da noch ein echter Publikumsliebling: die ESP32-CAM.




Für rund 5 € bekommt man hier nicht nur die Rechenpower des ESP32, sondern auch gleich eine kleine Kamera mit bis zu 5 Megapixeln dazu. Damit sind Projekte wie:
- Überwachungskamera,
- QR-Code-Scanner,
- Fotos per E-Mail oder Telegram senden
ganz einfach umsetzbar – ohne zusätzliche Hardware.
Der Raspberry Pi Pico (RP2040) mischt kräftig mit – und bekommt Verstärkung
Doch der ESP32 ist nicht allein auf dem Platz.
Der Raspberry Pi Pico mit seinem RP2040 Dual-Core Cortex-M0+ Prozessor (133 MHz) hat sich schnell als leistungsfähige und günstige Alternative etabliert – und das in mehreren Varianten:
Board | WLAN | Bluetooth | Besonderheiten |
---|---|---|---|
Raspberry Pi Pico | ❌ | ❌ | Basisversion, ohne Funk |
Raspberry Pi Pico W | ✅ | ✅ (per Firmware) | WLAN onboard, BT aktivierbar |
RP2350-Boards | ❌ | ❌ | Mehr Power, keine Funkmodule (derzeit) |







Mit dem neuen RP2350-Chip steht mittlerweile ein leistungsstärkerer Nachfolger in den Startlöchern. Er wird derzeit auf einigen neuen Boards verbaut (z. B. auf Prototypen oder Dev-Boards asiatischer Hersteller) und bringt:
- Höhere Taktraten (bis 200 MHz möglich),
- Verbesserte Peripherie,
- Und bleibt trotzdem kompatibel zur RP2040-Familie.
Was aktuell noch fehlt: WLAN und Bluetooth sind (noch) nicht integriert – was den Chip für reine IoT-Projekte (noch) weniger attraktiv macht, aber für USB-HID oder Highspeed-Sensoranwendungen interessant sein kann.
Arduino – Der Klassiker mit Kultstatus (und vielen Gesichtern)
Wenn man „Arduino“ sagt, denken viele sofort an das gute alte Original:
Arduino UNO R3, Made in Italy, stabil, bewährt – aber auch nicht ganz billig.
Und genau da beginnt der kleine Konflikt, den vermutlich viele kennen:
➡️ Das originale Board unterstützt die Plattform, die Entwicklung und das Open-Source-Projekt.
➡️ Aber: Der Preis liegt oft bei 20 € und mehr – während Clones für 2–3 € zu haben sind.
Doch: Genau das ist eben auch der Spirit von Open Source.
Die Arduino-Plattform wurde so entwickelt, dass jeder (mit Einhaltung gewisser Auflagen) eigene Boards bauen und verkaufen darf. Und das tun viele Hersteller – vor allem in Asien.
Dabei gibt es längst nicht nur einfache UNO- oder Nano-Kopien.
Die Vielfalt an Arduino-kompatiblen Boards ist inzwischen riesig:
Board / Clone | Besonderheit | Preisbereich |
---|---|---|
Nano Clone (CH340G) | Klassiker für einfache Projekte | 2–4 € |
Pro Mini | Ohne USB, super klein und sparsam | 2–4 € |
Nano mit integriertem OLED | Anzeige direkt am Mikrocontroller | 4–8 € |
Nano mit 2,4 GHz Funk (nRF24L01) oder 433 MHz Modul | Ideal für Funkprojekte ohne WLAN | 5–10 € |
Nano mit ESP8266-Modul onboard | WLAN-fähig, bleibt aber Arduino-kompatibel | 5–10 € |
Nano mit Bluetooth HC-05 oder HM-10 | Kabellose Kommunikation über BT Classic oder BLE | 5–10 € |













Gerade diese Vielfalt an spezialisierten Clones und Abwandlungen ist ein echter Vorteil:
Man wählt sich für sein Projekt genau die Features, die man braucht – und spart sich den Ballast von Funktionen, die gar nicht benötigt werden.
➡️ Keine WLAN-Probleme, wenn das Projekt gar kein WLAN braucht.
➡️ Keine Bluetooth-Komplexität, wenn ein simples Relais geschaltet werden soll.
➡️ Aber: Wenn ein Display gewünscht ist, einfach ein Clone mit integriertem OLED nehmen.
Teures Original oder günstiger Clone?
Das Original aus Italien unterstützt natürlich die Entwickler, die die Plattform erst möglich gemacht haben.
Gerade wenn es um professionelle Projekte, Support oder Weiterentwicklung geht, ist das ein guter Grund, auch mal bewusst zum Original zu greifen.
Wer dagegen einfach ein kleines Hobby-Projekt umsetzt oder ein günstiges Board für Lernzwecke sucht, wird vermutlich bei einem Clone aus Fernost landen – und das ist auch okay so.
Beides hat seine Berechtigung.
Im nächsten Abschnitt schauen wir uns an, warum diese Einfachheit und Flexibilität dem Arduino einen Platz auf dem Basteltisch gesichert haben – auch wenn ESP32, RP2040 & Co. daneben liegen.
Clone statt Frust: Warum gerade Anfänger mit günstigen China-Boards besser fahren
Seien wir ehrlich: Wer mit Mikrocontrollern anfängt, wird früher oder später mal einen Fehler machen.
Ein Kabel verpolt, einen Pin aus Versehen kurzgeschlossen, eine Lötstelle zu heiß…
➡️ Passiert. Gehört zum Lernen einfach dazu.
Wenn dann das teure Original-Board abraucht, ist der Frust groß – und das Projekt vielleicht erst mal gestorben.
Anders sieht es aus, wenn das eingesetzte Board nur 2–3 € gekostet hat. Dann bestellt man sich einfach ein neues und weiter geht’s.
Genau deshalb finde ich:
➡️ Gerade Anfänger sind mit einem günstigen Clone gut beraten.
Das senkt die Hemmschwelle, etwas auszuprobieren, und macht es viel leichter, aus Fehlern zu lernen.
Ob Arduino Nano Clone, Pro Mini oder einer der vielen China-Nachbauten mit Zusatzfeatures wie OLED oder Funk – hier kann man für kleines Geld experimentieren, lernen und Spaß haben.
Und wenn das Projekt später stabil läuft und vielleicht sogar „ernsthaft“ eingesetzt werden soll, kann man immer noch überlegen, ob man auf ein höherwertiges Original umsteigt.
Wann ESP32, wann Arduino? – Entscheidungshilfe für Projekte
Natürlich ist es immer verlockend, einfach zum leistungsstärksten Mikrocontroller zu greifen.
Aber genau das ist oft gar nicht nötig – und manchmal sogar umständlicher.
Denn: Der beste Mikrocontroller ist der, der genau das kann, was dein Projekt braucht – nicht mehr und nicht weniger.
Um dir die Wahl etwas leichter zu machen, hier eine kleine Entscheidungshilfe:
Projektidee | Empfehlung | Warum? |
---|---|---|
Blinkende LEDs, Relais steuern, Taster abfragen | Arduino UNO, Nano, Pro Mini | Einfach, stabil, günstig, kein Overkill |
LCD/OLED-Anzeige mit Temperatur-/Feuchtesensor | Arduino oder Pico | WLAN meist nicht nötig, einfache Umsetzung |
Daten per WLAN ins Netz (z. B. ThingSpeak, MQTT) | ESP32, Pico W | WLAN/BT bereits integriert, viele Beispiele vorhanden |
Mobile Projekte mit Akku und langer Laufzeit | Pro Mini (mit LowPower-Mod) oder ESP32 mit Deep Sleep | Stromsparend, je nach Funkbedarf |
Kamera-Projekte (Foto/Video-Streaming) | ESP32-CAM | Kamera onboard, einfache Einbindung |
USB-Tastatur-Emulation, MacroPads, HID-Geräte | Arduino Leonardo / Micro oder Raspberry Pi Pico (RP2040) | Beide unterstützen native USB-HID |
Funkprojekte ohne WLAN (z. B. 433 MHz, nRF24L01) | Arduino Nano Clone mit Funkmodul | Kein unnötiges WLAN, einfache Funkanbindung |
Echtzeitkritische Anwendungen mit viel GPIO und Timing | RP2040 oder RP2350 | Schnelles Realtime-Processing dank PIO, viele GPIOs |
💡 Zusatz-Tipp:
Für USB-Tastatur-Emulation (z. B. MacroPads oder automatisierte Eingaben) ist der Arduino Leonardo eine super Wahl, weil er den ATmega32u4 verwendet, der USB nativ unterstützt.
Alternativ funktioniert das auch mit dem Arduino Micro oder dem Raspberry Pi Pico (RP2040), dort oft über die TinyUSB-Bibliothek.



Fazit: Alt, aber alles andere als nutzlos!
Ja, der ESP32 ist ein echtes Powerpaket.
Ja, der Raspberry Pi Pico (RP2040) mischt kräftig mit und hat auch seinen Platz auf dem Basteltisch.
Und ja – es gibt mittlerweile zig Alternativen mit WLAN, Bluetooth, Kamera, HID und noch viel mehr.
Aber:
Gerade das macht den guten alten Arduino so sympathisch:
Er will gar nicht alles können – sondern einfach das, was man für viele kleine bis mittlere Projekte wirklich braucht.
Ein Relais schalten?
Ein paar LEDs blinken lassen?
Einen Sensor auslesen und auf dem Display anzeigen?
➡️ Warum dafür einen Dual-Core mit WLAN bemühen, wenn es ein Nano für 3 € auch tut?
Und genau das ist der Punkt:
🔹 Der Arduino ist einfach.
🔹 Er ist stabil.
🔹 Er hat eine riesige Community und viele erprobte Bibliotheken.
🔹 Er eignet sich perfekt zum Lernen – und bleibt auch danach oft die pragmatische Wahl.
Gerade Anfänger profitieren enorm davon, sich nicht direkt mit komplexen Themen wie WiFi-Stack, Sleep-Modes oder USB-Treiberherausforderungen herumschlagen zu müssen.
Und: Auch fortgeschrittene Bastler greifen gerne zum „alten Bekannten“, wenn es mal schnell, unkompliziert und robust sein soll.
Mein Fazit:
Der Arduino hat seinen festen Platz – auch im Jahr 2025.
Nicht überall, aber da, wo „Keep it simple“ gefragt ist, ist er oft genau die richtige Wahl.
➡️ ESP32, RP2040 & Co. sind keine Gegner – sie sind Mitspieler im Team der Mikrocontroller.
Die Kunst ist es, je nach Projekt den passenden Baustein auszuwählen.
Jetzt bist du dran!
Arbeitest du noch mit dem Arduino? Oder hast du komplett auf ESP32, RP2040 & Co. umgestellt?
Welche Projekte hast du schon umgesetzt – und welcher Mikrocontroller war dafür die beste Wahl?
👉 Schreib es mir gerne in die Kommentare – ich freue mich auf den Austausch!
Hallo Stefan,
ich bin vor fast 2 Jahren zum ersten Mal mit Mikrocontrollern in Berührung gekommen, weil mein Sohn ein Arduino-Projekt (Robot-Car) in der Schule hatte.
Vorher hatte ich mich noch nie mit dem Thema befasst, geschweige denn wusste ich etwas über Programmiersprachen wie C++, Phyton u.a.
Doch das Schulprojekt meines Sohnes weckte mein Interesse und habe daraufhin beschlossen, es auch einmal selbst zu versuchen. Schnell war ein Starter-Paket mit Arduino-Mikrocontroller und verschiedenen Sensoren bestellt. Ein 4WD-Bausatz für ein Robot-Car war natürlich auch dabei, mit dem mein Sohn weitere Anpassungen an seinen Code durchgeführt hat.
Ich habe mich viele Stunden in das Thema eingelesen (im Internet findet man ja zum Glück alles); noch mehr Zeit mit Versuchsaufbauten verbracht. Anregungen dazu holte und hole ich mir immer noch u.a. aus Hackster, Circuit Digest und im Project Hub von Arduino und natürlich auch von deiner Seite.
Inzwischen ist meine Sammlung an Mikrocontrollern und Sensoren / Aktoren gewachsen und sieht wie folgt u.a. wie aus:
3x Arduino Uno R3 (Original und Clone),
1x Arduino Uno R4 WIFI Clone,
3x Arduino Nano Clone (aus Platzgründen, weil sie kleiner sind)
3x Wemos D1 Mini (da gefällt mir das modulare System; verschiedene Module einfach übereinander stecken)
1x ESP32 Dev Module
Ein Nano-Projekt ist seit Monaten im Dauereinsatz.
Nachdem ich nachts auf dem Weg vom Schlafzimmer zur Toilette über Schuhe im Flur gestolpert bin, habe ich etwas mit PIR, LDR und 2 ultrahellen weißen LED gebaut. Diese reichen vollkommen aus, um den Flur so weit auszuleuchten, dass man sieht, wo man hintritt.
1 Wemos D1 Mini-Projekt hat letzten Sommer meine Pflanzen während einer 6-wöchigen Abwesenheit ohne Ausfall mit Wasser versorgt.
Verwendet wurde Controller, Relais, Pumpe, Bodenfeuchte-Sensor und selbst gebauten Sensor für Wasserstand, der bei Erreichen des minimalen Wasserstandes im Kanister das Programm gestoppt hätte.
Robot-Car mit Steuerung über Bluetooth oder eigenständig über Sensoren (Ultraschall-Entfernung und IR-Sensoren) habe ich schon probiert.
Mit ESP32 habe ich noch nicht so viel gearbeitet; werde dieses aber in Zukunft wegen WLAN und Bluetooth (IOT) öfters benutzen.
Raspberry Pi und der Pico ist nicht vorhanden und habe auch in näherer Zukunft nicht vor, damit zu arbeiten.
Zusammenfassend arbeite ich im Moment hauptsächlich mit Arduino, was (im Moment) noch vollkommen ausreichend ist; aber das kann sich ja noch ändern.